Was ist ein Baugrundgutachten?
Ein Jeder kennt den schiefen Turm von Pisa. Baubeginn war im Jahre 1173. Nachdem die ersten drei Stockwerke des imposanten Gebäudes in die Höhe gezogen waren, begann sich der Turm zur Seite zu neigen. Grund dafür war der lehmige und sandige Boden, der – vereinfacht dargestellt – unter dem Gewicht des Turms nachgab. Hier fehlte wohl das Baugrundgutachten!
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Damals zu Bauzeiten im 12. Jahrhundert gab es anscheinend noch niemanden, der vor dem Bau die Eigenschaften des Bodens, seinen Aufbau und seine Bauqualitäten untersucht hätte. Somit konnte vermutlich auch keine Feststellung darüber erfolgen, dass es sich bei dem gewählten Standort um ein bereits versandetes Hafenbecken handelte.
Dies hat sich heutzutage glücklicherweise geändert. In Deutschland ist ein Baugrundgutachten gesetzlich vorgeschrieben und zählt seit Jahren zur Routine vor Baubeginn. Schließlich muss sicher gestellt sein, dass der Boden, auf dem die Gebäudeerrichtung geplant ist, als Grundlage für eine Bebauung überhaupt geeignet ist. Doch was genau gehört alles zu einem Baugrundgutachten?
Was sind die Inhalte des Baugrundgutachtens?
Damit ein Bau später nicht unabsichtlich in Schieflage gerät, werden geotechnische Untersuchungen angestellt, die die Wechselwirkungen zwischen dem Boden, dem Bauwerk, dem Grundwasser und der Nachbarbebauung beinhalten. Das Baugrundgutachten – auch Bodengutachten oder Gründungsgutachten genannt – beinhaltet Informationen über:
- Bodenaufbau
- Bodenmechanische Eigenschaften (Tragfähigkeit, Setzungsverhalten)
- Bodenart und Bodenklasse
- Grundwasservorkommen
- Erfordernisse von Bodenverbesserungen
- Bodenbelastungen und Schadstoffe
- Kennwerte für Art und Bemessung der Fundamente
- Versickerungsfähigkeit von Oberflächenwasser
- Frostsicherheit
- Zuordnung zu Erdbebenzonen
Der geotechnische Bericht des Baugrundgutachters ist somit Voraussetzung für die Berechnung der Fundamente, welche vom Tragwerksplaner durchgeführt wird. Die für das Gebäude erforderliche Gründung kann nur berechnet werden, wenn es Auskünfte über die Tragfähigkeit des Bodens gibt. Nur durch das Wissen über die Bodenklassen können zudem die Kosten für den Aushub berechnet werden.
Auch ob das Haus eine Kellerabdichtung benötigt oder nicht, entscheidet sich erst mit Hilfe der Untersuchungen zum Grundwasservorkommen. Das Thema Versickerung von Regenwasser ist ebenfalls ein wichtiger Punkt: Eventuell muss das Regenwasser in ein bestehendes oder neu zu bauendes Kanalsystem eingeleitet werden, um ein Überfluten der späteren Kellerräume zu vermeiden und um sicher zu gehen, dass die Baugrube nicht unter Wasser steht. Eventuell ist auf den Bau eines Kellerraums am Ende ganz zu verzichten. Auch welches Baumaterial die Baugrube füllen soll, ist abhängig vom geotechnischen Bericht.
Baugrundgutachten vom Sachverständigen
Die Bauherrschaft beauftragt die sachverständige Fachkraft der Geotechnik. Seine Aufgaben umfassen die Planung und Überwachung der geotechnischen Untersuchungen. Auch Ortsbegehungen und Folgerungen, welche sich für die Planung und Konstruktion ergeben liegen in seiner Verantwortlichkeit. Weitere Aufgaben sind die Darlegung von Wechselwirkungen zwischen Baugrundverhältnissen, Planung, Konstruktion und Bauausführung. Schließlich erstellt der Experte einen geotechnischen Bericht und überwacht weiterhin die baubegleitenden Messungen. Die Bodenuntersuchungen werden dabei meist mit Hilfe von Bohrungen oder Sondierungen realisiert.
Es ist übrigens nicht ausreichend von einer Baugrunduntersuchung des Nachbargrundstücks Rückschlüsse auf das eigentliche Baugrundstück zu ziehen, da die Bodenbeschaffenheit sich auch auf kleinem Terrain stark unterscheiden kann.
Die Anforderungen an die Baugrunduntersuchung sind in der DIN 4020 geregelt. Ziel des Gutachtens ist es, die Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau, wie in der DIN 1054 gefordert, zu realisieren.
Ein Baugrundgutachten ist unerlässlich
Ein Baugrundachten ist also für sicheres Bauen unersetzlich. Beim Erwerb eines Grundstücks sollte im besten Fall schon vor dem tatsächlichen Kauf das Baugrundachten in Auftrag gegeben werden, damit der Bauherr später bei Baubeginn keine bösen Überraschungen erlebt und auf eventuelle Zusatzkosten beim Bau von vornherein eingestellt ist.
Das schiefste Gebäude der Welt ist laut dem Guinnessbuch der Rekorde übrigens nicht der schiefe Turm von Pisa sondern der Capital Gate Tower in Abu Dhabi. Dieser ist allerdings in voller Absicht so schief errichtet – die Architekt:innen, Statiker:innen und Baugrundgutachter:innen haben hier also ganze Arbeit geleistet.
Verfasst am 16. Juni 2019. Die obigen Informationen können veraltet/fehlerhaft sein und stellen keine Beratung dar. Fragen Sie uns für verbindliche Auskünfte hier an:
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