Die Unbedenklichkeitsbescheinigung — unterschrieben von einem qualifizierten Tragwerksplaner ist ein entscheidendes Dokument, wenn es um planerische Sicherheit für Ausführende und Haftungsfragen im Schadensfall für Eigentümer geht. Fragen zur statischen Unbedenklichkeit ergeben sich vor allem bei der Installation von PV-Anlagen. Was ist eine Unbedenklichkeitsbescheinigung? Wer erstellt eine solche Bescheinigung? Was kostet die Unbedenklichkeitsbescheinigung? Kann KI die Unbedenklichkeit bescheinigen? Wann wird eine Unbedenklichkeitsbescheinigung rechtlich benötigt? Viele Fragen, die nachfolgend geklärt werden sollen.
Was ist eine Unbedenklichkeitsbescheinigung?
Stellen Sie sich vor, Sie sind Eigentümer einer Immobilie und möchten eine PV-Anlage auf dem Dach oder an der Fassade montieren. Die PV-Anlage hat — je nach Ausführung ein Gewicht von 10–40 kg/m² und stellt dadurch eine zusätzliche Belastung für Ihr Gebäude dar: baustatisch und bauphysikalisch. Bei fehlerhafter Befestigung kann die PV-Anlage bei zu starken Windsog auch eine Gefährdung der angrenzenden Bebauungen darstellen (Nachweis gegen Abheben). Bei zu hohem Gewicht kann es passieren, dass Bauteiloberflächen unregelmäßig verschattet und belastet werden, Bauelemente sich stark durchbiegen, verdrehen, knicken oder einknicken. Wenngleich ein Gebäude oftmals durch die Zusatzbelastung einbricht, können höhere Durchbiegungen und veränderte Temperaturbedingungen unterhalb der Solarmodule dennoch mittel- bis langfristige Schäden verursachen. Dazu zählen beispielsweise Rissbildungen in einzelnen Bauteilschichten und damit einhergehender Feuchteeintritt und Korrosion. Um die Gefahr einer Überbelastung zu verhindern, werden statische Berechnungen durchgeführt. Mit Hilfe anerkannter Rechen- bzw. Prüfverfahren, sowie nachzuweisende Grenzwerte der Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit kann die Unbedenklichkeit einer zusätzlichen PV-Last bescheinigt werden.
Wer darf eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellen?
Wer eine statisch-konstruktive Unbenklichkeit bescheinigen darf, regeln die Landesbauordnungen. Beim Bauen im Bestand zählt die Installation einer PV-Anlage im Regelfall zu den verfahrensfreien Maßnahmen (Beispiel NRW: §62 BauO NRW). Statisch-konstruktive Unbedenklichkeitsbescheinigungen werden von nachweisberechtigten Personen ausgestellt. Nachweisberechtigt sind hauptsächlich qualifizierte Tragwerksplaner. Als qualifizierter Tragwerksplaner dürfen sich zumeist Bauingenieure bezeichnen, welche in der Ingenieurkammer als solche eingetragen sind. Entsprechende Listen werden von den Ingenieurkammern der einzelnen Bundesländer geführt. Eine Eintragung erhält man als Bauingenieur durch Nachweise zur Ausbildung (Studium), Berufserfahrung (Projektreferenzen) und einer Berufshaftpflichtversicherung. Qualifizierte Tragwerksplaner bezeichnet man umgangssprachlich auch als Statiker.
Was kostet die statisch-konstruktive Unbedenklichkeitsbescheinigung?
Die Kosten einer statisch-konstruktiven Unbedenklichkeitsbescheinigung sind wesentlich von der Fragestellung und Datengrundlage abhängig. Bei PV-Installationen sind vorab die Datengrundlagen zu prüfen. Es lohnt sich, eine vollständige Bauakte, mit statischen Berechnungen, Architektenplänen und bestenfalls Nachweisen zur tatsächlichen Ausführung des Bestandsgebäudes vorlegen zu können, da viele Informationen im Gebäudebestand später nicht mehr gesichtet werden können (z. B. tatsächlicher Dachaufbau, Bewehrungsgehalt in Stahlbetonteilen, versteckte Unterzüge/Überzüge, Fundamentabmessungen, Bodengüte etc.). Darauf aufbauend wird bewertet, ob man die Statik neu berechnen und ein Aufmaß machen muss, oder ein einfacher Lastenvergleich ausreicht. Ein Ortstermin mit Sichtprüfung sollte in jedem Fall durchgeführt werden, da im Gebäudebestand sehr häufig zusätzliche Lasten an Stellen befinden, die in keiner Gebäudedokumentation auftauchen und dadurch leichtfertig missachtet werden könnten. Angebot schreiben, Ortstermin durchführen, Akten zusammenstellen und sichten, Prüfprotokoll anfertigen, Erläuterungen, Rechnung schreiben und Zahlungsverfolgung sind als Mindestmaß anzusehen. Bei einem Stundensatz von schätzungsweise 150 €/Std. und 16 Stunden (2 Werktage) Mindestaufwand pro Gebäude fallen schnell kosten von 2.400 € brutto an. Technische Hilfsmittel können bei unterschriftsreifen Dokumenten den Aufwand bedingt senken.
Kann künstliche Intelligenz eine statisch-konstruktive Unbedenklichkeitsbescheinigung erstellen?
Die Fragestellung ist zunächst berechtigt, bedenkt man, dass vor allem bei größeren und mehrfach veränderten Gewerbegebäuden teilweise hunderte (teils unvollständige) Dokumente nach relevanten Informationen strukturiert, durchsucht und geprüft werden müssen. Künstliche Intelligenz kann dennoch allenfalls eine Hilfestellung darstellen. Der Grund dafür ist einfach: Wer haftet im Schadensfall, wenn die KI nicht richtig geprüft hat? Keine KI ist eingetragen als qualifizierter Tragwerksplaner. Softwarehersteller aller Art gewährleisten keine 100 % Genauigkeit, da eine KI stochastisch, wie eine Wahrscheinlichkeitsrechnung agiert. Ein 100 % Vertrauen auf die KI würde man als leichtfertig bewerten, da — wie zuvor erläutert — vor Ort die tatsächlichen Rahmenbedingungen vom dokumentierten Gebäudebestand abweichen können und klar identifizierbare Merkmale dies ersichtlich machen könnten. Künstliche Intelligenz ist daher als ein weiteres technisches Hilfsmittel anzusehen, mit dem eine höhere Effizienz im Arbeitsalltag eines Statikers erreicht werden kann.
Wann wird eine Unbedenklichkeitsbescheinigung rechtlich benötigt?
Die statisch-konstruktive Unbedenklichkeit wird bei nachträglicher Installation einer PV-Anlage auf einem Bestandsgebäude mindestens in einigen Bundesländern bauordnungsrechtlich nicht (mehr) gefordert. Die Notwendigkeit einer statisch-konstruktiven Prüfung des Bestandsgebäudes ist daher vor allem privatrechtliche Anforderungen der Immobilieneigentümer gegenüber den PV-Unternehmen (Bauunternehmen, Generalunternehmen, Generalübernehmer, Projektentwickler). Privatrechtlich bedeutet konkret, dass sich professionelle Eigentümer sich entweder vertraglich zusichern lassen, dass keine Schäden durch die Installation einer PV-Anlage am Bestansdgebäude entstehen dürfen und dafür entsprechende Belege vorzuweisen sind. Oder aber die Eigentümer lassen sich unabhängig vom Installateur sicherheitshalber eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellen, um beispielsweise den Anforderungen der Gebäudeversicherung zu genügen.
Fazit
Die statisch-konstrutkive Unbedenklichkeitsbescheinigug mag am Ende nur ein Dokument sein, welches von einem qualifizierten Tragwerksplaner (“mit Stempel”) unterschrieben wurde. Der Prüfaufwand ist dabei jedoch nicht zu unterschätzen. Eigentümer tun schließlich gut daran, die Gebäudeakte gut zu pflegen. Solche und weitere, vergleichbare Anwendungsfälle treten im Lebenszyklus einer Immobilie häufiger auf (kleinere Umbauten, Umnutzungen, Zusatzlasten). Der Aufwand für die entsprechenden Voruntersuchungen sind mit vollständiger Gebäudeakte deutlich geringer. An fehlenden Gebäudedokumenten kann schließlich eine künstliche Intelligenz auch (npch) nichts ändern.